Umfang der Prüfungspflicht des Gerichts
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(ip/RVR) In seinem Beschluss vom 16.02.2012 hatte der Bundesgerichtshof über den Umfang der Prüfungspflicht des Vollstreckungsgerichts bei der Beurteilung der Vertretungsmacht eines Bieters zu entscheiden.
In dem zugrundeliegenden Fall hatte der Beteiligte A im Versteigerungstermin für eine Unternehmergesellschaft geboten. Zum Nachweis seiner Vertretungsberechtigung legte er eine von der Geschäftsführerin B erteilte notariell beglaubigte Bietvollmacht sowie unbeglaubigte Unterlagen über die Eintragung von B im Handelsregister vor. Auf das Gebot von A wurde der Zuschlag erteilt. Hiergegen hat der überbotene Bieter C Zuschlagsbeschwerde eingelegt.
Das Beschwerdegericht war der Ansicht, dass ein Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 6 ZVG nicht vorliege, da A seine Vertretungsberechtigung ordnungsgemäß nachgewiesen habe. Angesichts der vorgelegten Handelsregisterunterlagen habe das Vollstreckungsgericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung von der Wirksamkeit der Bietvollmacht ausgehen dürfen.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung jedoch nicht stand. Der Bundesgerichtshof führt insoweit aus, dass die Vorschrift des § 83 Nr. 6 ZVG verletzt und damit ein Beschwerdegrund im Sinne von § 100 Abs. 1 ZVG gegeben ist, wenn der Zuschlag auf ein Gebot erteilt wurde, das wegen fehlenden Nachweises der Vertretungsmacht hätte zurückgewiesen werden müssen.
Gemäß § 71 Abs. 2 ZVG hätte A seine Vertretungsmacht durch eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachweisen müssen. Hierbei ist allein die formelle Beweiskraft der vorgelegten Urkunden maßgebend, welche sich nach den Vorschriften der §§ 415 ff. ZPO bestimmt. Die Beweiskraft einer notariellen Urkunde erstreckt sich hiernach nur darauf, dass die beurkundete Erklärung von der benannten Person abgegeben worden ist. Die inhaltliche Richtigkeit der Erklärung wird von der Beweiskraft hingegen nicht erfasst. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Verpflichtung des Notars, die Vertretungsmacht eines Beteiligten zu prüfen, der eine Erklärung als Vertreter für einen anderen abgeben will. Auch werden Vertretungsnachweise dadurch, dass sie der Niederschrift beigefügt werden, nicht ihrerseits zu öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunden, sodass ihnen auch keine entsprechende Beweiskraft zukommt.
Hieraus folgt, dass die vorgelegte Bietvollmacht lediglich beweist, dass B erklärt hat, Geschäftsführerin der Unternehmergesellschaft zu sein. Dass B auch tatsächlich vertretungsberechtigt war, beweist die Urkunde nicht. Dies hätte durch eine weitere öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden müssen, z.B. durch Vorlage eines beglaubigten Handelsregisterauszugs oder einer notariellen Bescheinigung gem. § 21 BNotO.
Auch war das Vollstreckungsgericht nicht berechtigt, die Vertretungsbefugnis im Wege freier Beweiswürdigung zu prüfen. Zu einer solchen Prüfung ist es im Rahmen des formalisierten Zwangsversteigerungsverfahrens nicht berufen.
Der Zuschlagsbeschluss wurde daher aufgehoben.
Das Original-Urteil kann hier abgerufen werden:
BGH vom 16.02.2012, Az. V ZB 48/11
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